Presse-Informationen
Telepolis

  1. heise group
  2. Presse-Informationen
  3. Telepolis

Online-Magazin Telepolis: Kurz vor IGH-Entscheid zu Israel
Völkerrechtler sieht Merkmale von Genozid in Gaza

Hannover, Berlin, 30. April 2024 - Kurz vor einer Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zur deutschen Unterstützung Israels im laufenden Gaza-Krieg hat der Straf- und Völkerrechtler Professor Kai Ambos Anzeichen von Apartheid ausgemacht und die Situation im neuen Telepolis-Podcast analysiert.

Die Frage, ob die Situation in den palästinensischen Gebieten als Apartheid bezeichnet werden kann, war Gegenstand der ersten Ausgabe des neuen Telepolis-Podcasts. Dabei stellte sich der renommierte Straf- und Völkerrechtler Kai Ambos den Fragen des Journalisten Dietmar Ringel, der viele Jahre für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) gearbeitet hat.

Apartheidmerkmale sind überwiegend vorhanden
Ambos identifizierte in seiner Analyse im Westjordanland Anzeichen von Apartheid, die sich auf rechtliche und menschenrechtliche Kriterien stützen. Der Völkerrechtler definiert Apartheid als eine besondere Form der Rassendiskriminierung, die durch drei Merkmale gekennzeichnet ist:

  1. unmenschliche Handlungen, die
  2. im Rahmen eines institutionalisierten Systems der Unterdrückung einer rassischen Gruppe gegenüber einer anderen erfolgen und
  3. das Handeln des Staates oder des Kollektivs, das diese Maßnahmen durchführt, um dieses Unterdrückungssystem aufrechtzuerhalten.
Anwendung auf die Situation im Westjordanland
Bei der Anwendung dieser Kriterien auf die Situation im Westjordanland sieht Ambos die ersten beiden Merkmale als erfüllt an. Willkürlichen Festnahmen und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bevölkerung sowie die diskriminierende Gesetzgebung und Praxis im Westjordanland sieht er als Beispiele für unmenschliche Handlungen. Das Besatzungsregime weise zudem Elemente eines institutionalisierten Unterdrückungssystems auf. Schwieriger sei es dem Völkerrechtler zufolge, das subjektive Element der Apartheid nachzuweisen.

Ambos betont, dass es Aufgabe der Länder sei, Sanktionen gegen einen Staat zu verhängen, der das Völkerrecht verletzt. Er fordert, dass Deutschland und die USA, wenn sie von einer Völkerrechtsverletzung durch Israel überzeugt sind, Sanktionen gegen Israel verhängen sollten, so wie sie es auch mit Russland wegen des Ukraine-Kriegs getan haben.

Hintergrund
Aktuell sind mehrere Verfahren in Bezug auf Israel anhängig, darunter das Hauptverfahren Südafrika gegen Israel, in dem Südafrika Israel einen Genozid im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg vorwirft. Nicaragua hat zudem Deutschland verklagt, wegen seiner Unterstützung Israels und der Suspendierung der Zahlungen an die UNRWA, die UN-Organisation für palästinensische Flüchtlinge.
Professor Kai Ambos ist Straf- und Völkerrechtler an der Universität Göttingen. Sein Buch "Apartheid in Palästina?" ist im Westend-Verlag, Frankfurt am Main, erschienen.

Den gesamten Text finden Sie hier.

Ansprechpartner für Rückfragen:
Harald Neuber
Chefredaktion Telepolis
Mobil: 0171 1962 796
E-Mail: hneu@heise.de