Online-Magazin Telepolis: Teuerung durch EU-Strafzölle Todesstoß für günstige Elektroautos?
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Hannover/Berlin, 22. Oktober 2024 – Die Europäische Union plant die Einführung von Strafzöllen auf chinesische Elektroautos von bis zu 35 Prozent ab November. Deutschland stimmte gegen diese Maßnahme, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Nun warnen Experten vor einem möglichen Handelskrieg zwischen der EU und China, der beiden Seiten schaden könnte. Professor Gerhard Stahl, Honorarprofessor an der Peking University HSBC Business School, plädiert im neuen Telepolis-Podcast für einen differenzierten Ansatz in den Handelsbeziehungen.
„Wir müssen vielleicht ein bisschen genauer hinschauen, worum es bei dieser Auseinandersetzung geht“, erklärt Stahl. Er betont die Notwendigkeit, das chinesische Wirtschaftsmodell zu verstehen, um die Debatte um Subventionen und ungleiche Wettbewerbsbedingungen richtig einordnen zu können. China sei „in vielem noch ein Entwicklungsland, und auf der anderen Seite ist es inzwischen eines der wirtschaftlich und technologisch am höchsten entwickelten Länder“, so der Experte.
Im Gespräch mit Telepolis-Redakteur Dietmar Ringel sieht Stahl Möglichkeiten für eine Lösung des Konflikts, wenn Europa Teile des chinesischen Erfolgsmodells übernimmt: Er schlägt vor, „energisch zu verhandeln und auch, wenn notwendig, Zölle anzukündigen oder tatsächlich einzuführen, um die Wettbewerbsungleichheit, die sich im Laufe der Jahre entwickelt hat, etwas auszugleichen“. Gleichzeitig müsse sichergestellt werden, dass europäische Unternehmen auf dem chinesischen Markt präsent bleiben und an der technologischen Entwicklung teilnehmen.
Der Wirtschaftswissenschaftler warnt davor, den Konflikt zu verschärfen. China habe bereits angekündigt, Strafzölle auf EU-Agrarprodukte wie Schweinefleisch, Milch und Milchprodukte zu erheben. Stahl empfiehlt stattdessen eine Doppelstrategie: „Nämlich auf der einen Seite den chinesischen Partnern zu zeigen, dass man Instrumente hat, um den Wettbewerb wieder ausgeglichener zu gestalten und man auch nicht bereit ist, eine zu massive Präsenz chinesischer Exporte zu akzeptieren. Aber dass man gleichzeitig natürlich weiß, dass es derzeit immer noch mehr deutsche bzw. europäische Investitionen in China gibt als umgekehrt chinesische in Deutschland und Europa – auch im Automobilsektor.“
Bezüglich des 2020 ausgehandelten EU-China-Investitionsabkommens, das derzeit auf Eis liegt, äußert Stahl im Telepolis-Podcast die Hoffnung auf eine Wiederbelebung: Er warnt davor, wirtschaftliche Beziehungen aufgrund geopolitischer Spannungen abzubrechen: „Es wäre eine strategische Fehlentscheidung, wenn sich Europa darauf einlassen würde, dass sich Demokratien gegen autoritäre Staaten zusammenschließen und deshalb wirtschaftliche Entwicklungen abbrechen müssen.“
Das Interview gibt es auch als Hörversion auf YouTube, Spotify und Audible.
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